Rudolf Borchardt (1877–1945) hat sich mit Dante bereits 1904 beschäftigt. Seine komplette Übertragung der Göttlichen Komödie erschien 1930. Es war also ein langer Weg. An Übertragungen jenes zu Beginn des 14. Jahrhunderts entstandenen Hauptwerks der italienischen Literatur, ja der Weltliteratur, in die deutsche Sprache mangelt es nicht (manche sind nur Teilübertragungen), und es sind respektable Leistungen dabei. Borchardts Übertragung ist die eigenartigste unter ihnen, sicherlich die eigenartigste aller Übersetzungsversuche großer literarischer Werke überhaupt. Er war der Überzeugung, wie er es formulierte, dass Dante nicht in ein Deutsch der Gegenwart übertragen werden konnte, wie es gesprochen und in Zeitungen gedruckt wurde. Die Sprache, die daraus entstanden ist, bildet den kühnen, esoterisch anmutenden Versuch, eine Sprachform zu finden, die es gegeben hätte, wenn die deutsche Sprachüberlieferung nicht nach den großen literarischen Leistungen des Mittelalters abgesunken, abgebrochen, nicht zu Ende gekommen wäre – so sah es Borchardt. Schon der flüchtige Blick in seine Übertragung zeigt, dass er dabei einem strengen Prinzip rigide gefolgt ist: »Was lag mir daran, ob man das einmal lesen würde? Was lag mir an Lesern, die etwa zu mir gegriffen hätten, weil sie kein Italienisch konnten?« Wer die verständliche Fremdheitserfahrung des damaligen und heutigen Lesers überwindet, wird mit einer tiefgreifenden Erfahrung belohnt. Wir sind der Meinung, dass Lesung (natürlich nur in Ausschnitten) und Kommentar der beste Weg sind, sich diesem einzigartigen literarisch-sprachlichen Wagnis zu nähern. J. M. F./W. M.
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