Ludwig Greve ist der große Unbekannte der deutschen Poesie. Äußerst selbstkritisch veröffentlichte er wenig und ließ noch weniger gelten für seine Ausgabe letzter Hand: Sie lacht und andere Gedichte erschien im März 1991, nur vier Monate vor seinem Tod in der Nordsee.
Warum schreibe ich anders? heißt seine Rede vor Freiburger Studenten. Ja, Greve schrieb »anders« als die berühmten Dichter der Nachkriegszeit, und oft sah man ihn als Gegenpol zu Paul Celan, dem Inbegriff des »Hermetischen«. Greve dagegen schrieb auch in »traditionellen« Formen, wie Sonett oder Ode, aber nicht als Antiquar, sondern ganz als Zeitgenosse. Warum? Geboren 1924 in Berlin, muss er mit seiner jüdischen Familie 1939 fliehen, nach Frankreich, dann nach Italien. Dort werden Vater und Schwester verhaftet, nach Auschwitz deportiert; er selbst überlebt mit der Mutter, geht nach Palästina, kehrt 1950 zurück nach Deutschland: »Keine Bindungen, die ich hätte abstreifen müssen; eher verlangte mich danach. Bei aller Befangenheit vor dem Land meiner Herkunft kam ich von der Sprache nicht los.«
Greve schrieb durchaus auch über Pfingstrosen oder Landschaften, doch gerade deshalb ist sein Werk nicht zu verstehen ohne diese Lebensgeschichte: von Mein Vater bis zu dem Freundschaftsgedicht Hannah Arendt spricht er vom bedrohten Leben in einem gewaltsamen Jahrhundert. »Es zeigte sich, daß mir so eine Sprache der Sterblichkeit gelang, die vielleicht vor beiden bestehen kann, den Opfern wie den Lebenden. Das gibt manchen Gedichten, ob ich auch schweren Mutes anfing, so einen Unterton von Glück, warum sollte ich das leugnen.« W. M.
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